Neues Denken in der Supply Chain – was sie jetzt machen müssen

Die Corona-Krise ist noch nicht zu Ende, da hat uns mit dem Ukraine-Krieg eine andere Katastrophe eingeholt. Abgesehen von allem menschlichen Leid, was sich hinter beiden Themen verbirgt, zeigen die Auswirkungen deutlich, dass die Supply Chains bei fast allen Unternehmen nicht so widerstandsfähig (resilient) sind wie gedacht. 

Die Corona-Pandemie hat bereits zahlreiche Schwachstellen in den Lieferketten aufgezeigt, durch die aktuelle, parallellaufende Krise sind jetzt fast alle Supply Chains bis zum Zerreißen oder auch darüber hinaus angespannt.  

Neben Versorgungsproblemen bei vielen Zukaufprodukten geraten auch immer mehr die Logistikkapazitäten unter Druck. So waren die Flüge aus Fernost schon in den letzten Monaten extrem hoch ausgelastet, mit den aktuellen Luftraumbeschränkungen über Russland wird dies sicher nicht besser. Die Versorgungssicherheit wird sich in vielen Bereichen nicht verbessern, große Teile Russlands und auch der Ukraine werden als Rohstofflieferanten (und auch Energielieferanten) sicher länger ausfallen. Seltene Erden und Edelmetalle werden in der Beschaffung schwierig und teuer bleiben. Die inzwischen gut frequentierten Bahnverbindungen aus China sind ebenfalls gefährdet, und die Situation in den Häfen dieser Welt kann sich innerhalb kürzester Zeit ändern.

Auch wenn fast alle Einkaufsabteilungen immer noch im Krisenmodus sind, ist es jetzt notwendig, die Supply Chain wesentlich „resilienter“ aufzustellen. Die Wege der Vergangenheit funktionieren oft nicht mehr, die Märkte sind im Umbruch und auch die Strukturen bei den (End-)Abnehmern ändern sich schnell. 

Der Neuaufbau der Supply Chains – von der Bedarfsplanung über die Bestellung bis hin zu Einkauf, Fertigungsplanung, Produktion und Logistik muss geprüft und oft neu justiert werden. 

Wir raten hier aus unserer Beratungserfahrung bei zahlreichen Mittelständlern zu einer strukturierten Vorgehensweise mit der Zielsetzung, in den Sourcing-Abteilungen die Anzahl der täglichen Eskalationen deutlich zu reduzieren. Folgende Maßnahmen können Ihnen dabei helfen:

  1. Synchronisieren Sie ihre langfristigen Bereichsziele 

    Der Einkauf – gerade in kritischen Bereichen wie der Elektronik – muss heute zum Teil feste Bestellungen über bis zu zwei Jahren platzieren, ansonsten werden Sie die Waren nicht bekommen. Hier müssen benachbarte Abteilungen wie Vertrieb und auch Entwicklung unterstützen, um eine Bedarfsvorschau (auch bei neuen Produkten) zu generieren.
  2. Planen Sie langfristig mit ihren Partnern, nicht mit Lieferanten
    Die Zusammenarbeit mit Lieferanten verändert sich weg von einer klassischen Kunden-Lieferanten-Beziehung hin zu einer in einem Netzwerk eingebetteten Partnerschaft. Betrachten Sie Ihren Lieferanten als Partner und lösen Sie Probleme gemeinsam. Achten Sie aber darauf, dass der Partner auch die Performance dafür mitbringt. Wenn sie ständig die Beschaffungsprobleme des Lieferanten allein lösen müssen, haben sie vielleicht den falschen Partner. Wichtig ist hier, auf Basis von langfristigen Verträgen, wo sinnvoll, auch dem Partner die Möglichkeit zu geben, langfristige Rohbedarfe einzudecken.
  3. Betreiben Sie aktives Risikomanagement
    Prüfen Sie, wo die Rohstoffe ihrer Zukaufprodukte herkommen, wo es kritische politische Risiken gibt und welche aktuellen Themen für ihren Lieferanten kritisch werden. Versuchen Sie Materialalternativen aufzubauen und ggf. mehrere Lieferanten zu nutzen.
    Allein eine jährliche Bankauskunft vom Lieferanten einzuholen, Fertigungsstandorte auf einer Landkarte einzuzeichnen und ansonsten den bekannten Kölner Spruch „et is noch immer jot jejange“ zu beherzigen, ist nur bedingt professionell und wird sie nicht aus der Tretmühle der Eskalationen herausbringen. 
  4. Monitoren Sie ihre Kosten permanent
    Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber oft vernachlässigt: Je nach Branche und Volatilität, ist es zwingend notwendig, regelmäßig die veränderten Zukaufpreise zu prüfen und gegebenenfalls die Verkaufspreise anzupassen. Selbst bei langlaufenden Verträgen akzeptieren die meisten Einkäufer der Kunden eine präzise begründete Kostenerhöhung. 
  5. In besonders sensitiven Bereichen: Behalten Sie sich Preisgleitklauseln vor!
    Wir raten den meisten Kunden bei der Auftragsbestätigung eine Preisgleitklausel festzulegen, am besten anhand eines nachprüfbaren Referenzwertes. Der altbekannte „Kupferzuschlag“ ist nichts anderes. Erfahrungsgemäß ist eine Klausel hilfreich, die die Partner bei einer Erhöhung (und auch Reduzierung) der Zukaufmaterialien um 3-5% zu einem Gespräch veranlasst.  
  6. Bauen Sie Alternativen auf
    Sowohl bei den Produkten als auch bei den Lieferanten macht es Sinn, immer einen „Plan B“ in der Tasche zu haben und diesen auch schnell umsetzen zu können. 
  7. Beleben Sie die gute alte Wertanalyse 
    Die Wertanalyse ist nach wie vor eine der besten Möglichkeiten, um Materialverschwendung zu reduzieren und oft auch neue Wege zu gehen. 
  8. Erhöhen Sie die Sicherheitsbestände
    Nicht unbedingt im eigenen Lager, sondern gerne auch bei den Vorlieferanten, soweit das Sinnvoll ist. 
  9. Seien Sie schnell und unkonventionell
    Sorgen Sie für eine unternehmensweite schnelle Kommunikation und seien Sie unkonventionell!


Übrigens werden fast alle Punkte von modernen ERP-Systemen vollumfänglich unterstützt. Gerade im Bereich der Planung, des Lieferantenmanagement und natürlich auch der Kalkulation werden die vorhandenen Tools leider oft nur unzureichend genutzt.  

Haben Sie aktuell Probleme mit Ihrer Supply Chain? Dann kann Ihnen unsere „Checkliste Lieferengpässe“ im ersten Schritt weiterhelfen. Sollten Sie vor individuellen Herausforderungen stehen, die dort nicht abgebildet sind, stehen Ihnen unsere Supply-Chain-Spezialisten gerne per Mail oder per Telefon zur Verfügung, um aufgetretene Probleme persönlich mit Ihnen zu analysieren.

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