Künstliche Intelligenz zwischen Fluch und Segen

Biedenkopf. Auf große Resonanz stieß der Vortrag zum Thema „Künstliche Intelligenz (KI), den Norbert Müller im Rahmen der Campus-Gespräche am Campus Biedenkopf von StudiumPlus gehalten hat. 100 Unternehmensvertreter, Studierende und interessierte Gäste fanden sich ein, um einen Einblick in das Thema „KI – Hilfe oder Bedrohung?“ zu erhalten. Eingeladen hatte StudiumPlus gemeinsam mit dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, den Beruflichen Schulen Biedenkopf und der IHK Lahn-Dill.

Norbert Müller befasst sich seit vielen Jahren intensiv mit der Thematik. Er war Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens Rittal, ist heute Geschäftsführer des Consulting Unternehmens Advacon und Mitglied verschiedener Beiräte und Aufsichtsräte. Er ist Vorstandsvorsitzender des CompetenceCenters Duale Hochschulstudien – StudiumPlus e.V. (CCD), in dem die über 900 Partnerunternehmen von StudiumPlus organisiert sind.  

In seinem Vortrag gab er einen kompakten Überblick über das, was KI heute schon leisten kann, in welche Richtung sie sich entwickeln könnte – und auch, welche Gefahren sie birgt. Dabei wurde eines deutlich: Es gibt kein Schwarz-Weiß bei diesem Thema.

„Sie haben heute schon täglich mit Künstlicher Intelligenz zu tun“, erklärte Müller eingangs, „wenn sie mit Navigationssystem fahren, über Spotify Musik hören oder mit Alexa und Siri kommunizieren.“KI könne vieles besser als der Mensch: sich Daten merken, Gesichter erkennen, Datenmengen auswerten. KI bildet menschliche Fähigkeiten technisch nach und verbessert diese – beispielsweise, wenn es um die permanente Auswertung großer Datenmengen geht. Sie „lernt“ auf Basis von Daten, kann deren Bedeutung verstehen, sich selbst weiterentwickeln und sich mit anderen KI-Systemen vernetzen. Dabei kann sie ihre Fähigkeiten verbessern und ihr erworbenes Wissen nutzen, um ein Problem zu lösen. „Einen Roboter-Greifarm müssen Sie dann nicht neu programmieren, damit er eine andere Bewegung erlernt“, nannte Müller ein Beispiel.

Müller unterschied in „schwache KI“ und „starke KI“: Die „schwache KI“ sei eine Assistenz des Menschen, die sehr hilfreich in vielen Bereichen sein könne – beispielsweise in der Medizin bei der schnellen Auswertung von MRT-Scans. Mit ihrer Hilfe könne man Produktionsanlagen intelligent planen und steuern oder Tausende von Teilen in der Produktion in Sekundenschnelle so lückenlos kontrollieren, wie es Menschen nie möglich wäre.

„Die Horrorszenarien, die Wissenschaftler ausmalen, beziehen sich auf die starke KI“, sagte Müller. Die sei noch Zukunftsmusik, solle aber alles können, was der Mensch kann. Starke KI handele aus eigenem Antrieb, um sich fortzuentwickeln, mit unabsehbaren Folgen. Eigenschaften wie Kreativität, Emotionalität oder Empathie seien spezifisch menschliche Eigenschaften und nicht nachbildbar, so Müller. Aber auch die schwache KI berge Gefahren, betonte er. So seien viele Systeme durch Hacker gefährdet, die heute schon Möglichkeiten gefunden haben, Unternehmen auszuspähen oder lahmzulegen. „Künftige Kriege werden sich nicht mit Panzern oder Bomben abspielen“, sagte Müller, Angriffe auf Versorgungssysteme könnten Völker lahmlegen oder sogar auslöschen. Gefährlich sei es auch, wenn die KI nicht mehr vom Menschen gesteuert werden könne – beispielsweise bei den Abstürzen der Boeing 737 Max, bei der die Piloten die Fehlentscheidung des Autopiloten nicht mehr korrigieren konnten.

„In der Welt von morgen brauchen wir die menschliche und die künstliche Intelligenz“, resümierte Müller. Der Einsatz von KI sei im globalen Kontext alternativlos. Dringend notwendig sei aber ein ethischer Rahmen für ihren Einsatz – „derzeit kontrolliert niemand die KI!“ Trotz dieser kritischen Worte zeigte sich Müller am Ende aber überzeigt: „Die optimale Allianz zwischen Mensch und Maschine ist möglich.“

Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine rege Diskussion, zunächst im Plenum, dann in kleinen Gruppen, die noch lange zusammenstanden und über das Thema diskutierten. Diese Diskussionen können im kommenden Jahr fortgesetzt werden, denn auch die nächsten beiden Campus-Gespräche drehen sich um das Thema KI: Am 4. März spricht Prof. Dr. Jürgen Handke von der Philipps-Universität Marburg und am 6. Mai Prof. Dr. Michael Guckert von der Technischen Hochschule Mittelhessen.

Text: Heike Döhn/StudiumPlus

Weitere Presseartikel erschienen

am 25.10.2019 im Hinterländer Anzeiger: https://www.mittelhessen.de/lokales/marburg-biedenkopf/biedenkopf/fluch-und-segen-zugleich_20577036 (Text: Hartmut Bünger)

am 30.10.2019 in der Siegener Zeitung: https://www.siegener-zeitung.de/ (Text: Heike Döhn)

am 3.11.2019 im Sonntag Morgenmagazin: https://www.sonntag-morgenmagazin.eu/epaper/ (Text: Heike Döhn)

Norbert Müller (3. von links) referierte über das Thema Künstliche Intelligenz, begrüßt wurde er von Campusleiter Prof. Dr. Gerd Manthei (2. von links), dem stellvertretenden Schulleiter der Beruflichen Schulen Biedenkopf, Olaf Menn (links), dem Präsidenten der IHK Lahn-Dill, Eberhard Flammer (rechts), der Geschäftsstellenleiterin der IHK Biedenkopf, Saskia Kuhl und Michael Parsch, Vorstandsmitglied des CCD.