Die neue Welt und das alte Markenverständnis

Die Marke und deren Inhalt ist für jedes Unternehmen ein zentraler Fokuspunkt für alle strategischen und operativen Geschäftstätigkeiten. Eine starke und stabile Marke ist das beste Vertriebsargument. Laut Markenexperte Prof. Dr. Esch sind Marken Vorstellungsbilder in den Köpfen von Kunden, die Identifikation und Differenzierung bewirken. Wie aber werden Marken zu dem Erfolgsfaktor bei dem Kunden, zu dem, was sie sind? Wie werden sie aufgebaut?

Neben gezielten Marketingmaßnahmen für einen Markenaufbau ist es zu einem großen Teil, da sind sich alle Fachleute einig, Kommunikation. Dazu zählen laut Markenexperte Karsten Kilian die Kommunikation des Unternehmens mit seinen anvisierten Segmenten und Einzelkunden, aber auch die mit den Stakeholdern sowie das Vermitteln eines (Wunsch-)Bildes an eine Zielgruppe. Der Unternehmenserfolg hängt somit von einer systematischen Markenführung ab.

Wie aber entsteht dieses (Wunsch-)Bild?

Hierbei sind die Mitarbeiter, insbesondere in B2B-Märkten und im Dienstleistungsbereich, von zentraler Bedeutung, da diese im operativen Arbeitsalltag das Markenbild leben und für den Kunden erlebbar machen. Die Verbindung von Mitarbeitern und Kunden ist in diesen Märkten Teil des Geschäftsmodells und des Geschäftserfolgs. Studien bestätigen, dass dieser Einfluss an Bedeutung gewinnen wird. So geht aus der Markenstudie 2019 von PwC hervor, dass etwa 90 Prozent aller Unternehmen Marken zu den wichtigsten Einflussgrößen des Unternehmenserfolgs zählen. Fast 70 Prozent bestätigen außerdem, dass der Wert von Marken im Vergleich zu anderen Vermögenswerten zunehmen wird.

Was macht den Markenwert aus?

Wenn der Einfluss von Marken auf den Unternehmenswert immer größer wird, bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Verantwortlichen dazu aufgefordert sind, diesen Vermögenswert und seine Entstehung zu steuern. Produkte und Dienstleistungen reichen nicht mehr aus, um die Gunst der Kundschaft im globalen Wettbewerb zu gewinnen.

Eine Marke lebt vom „guten Ruf“ und diesen gilt es, durch das markenkonforme Verhalten von Mitarbeitern zu fördern („Internal Branding“). Besonders im B2B-Bereich wird eine Marke im Kontakt zwischen Mitarbeitern und Kunden erlebbar. Daher messen laut Rat für Formgebung 86 Prozent aller Markenverantwortlichen in betrachteten B2B-Märkten dem Mitarbeiterverhalten für die Markenbildung eine zentrale Rolle zu. Unterschiede gibt es bei der Relevanz der Markenbildung durch Mitarbeiter, da sie von verschiedenen Faktoren abhängig ist wie zum Beispiel der Häufigkeit der Kundeninteraktion, der Komplexität des Leistungsangebots oder der Erklärungsbedürftigkeit der Produkte.

Die Verantwortung der Mitarbeiter

Mitarbeiter haben also die zentrale Aufgabe bei der Entwicklung und Festigung einer Marke - sie müssen die Marke leben. Eine schwierige Aufgabe, zumal nicht alle Mitarbeiter dieselbe emotionale Verpflichtung oder das Markenwissen aufbringen.

Durch gezielte Maßnahmen lassen sich Mitarbeiter zu Markenbotschaftern aufbauen, jedoch sind diese Maßnahmen auf klassische Organisationen und damit auf die Präsenz des Mitarbeiters im Büro ausgelegt. In Zeiten von Covid-19, der Digitalisierung und damit dem vermehrten Wegfall der Präsenzarbeit greifen diese Maßnahmen immer weniger.

Die neue Welt

Ausgelöst durch die Pandemie, haben sich in wesentlichen Teilen der gesamten Industrie und Wirtschaft die Arbeits- und damit Kommunikationsarten (Häufigkeiten, Strukturen, Techniken, usw.) disruptiv verändert: Mitarbeiter sind nur noch phasenweise und zudem nicht mehr gleichzeitig anwesend. Wichtige Netzwerke haben sich umformen müssen oder sind ganz verschwunden. Die Vermittlung einer Unternehmenskultur ist abhängig von Videokonferenzen geworden.


Das wird nicht ohne Einfluss auf das „Internal Branding“ und somit auf die Markenidentität bleiben. Persönliche Vernetzung und gemeinsam erlebbare und erlebte Unternehmenskultur, die in der Vor-Covid-Zeit Fundamente der internen Markenbildung waren, verlieren durch neue Arbeitsformen ihre Bindungs- und Bildungskraft.

Welchen Einfluss hat die geänderte Arbeitswelt auf den Markenkern?

Nach Einschätzung von Führungskräften (PwC Remote Work Survey) sollten Mitarbeiter auch in Zukunft die überwiegende Zeit im Unternehmen verbringen, da es selbst bei einer zeitlich reduzierten Anwesenheit zu sehr großen Kommunikationslücken kommen könnte. Die neue Art zu arbeiten bringt andererseits auch Vorteile, die in Zukunft die Art der Arbeit weiter ändern werden.

So will ein Großteil der Befragten in Zukunft die Räumlichkeiten (Büros) reduzieren und/oder anders nutzen: Die Reduktion der Fixkosten durch geringeren Bürobedarf werden Mehrfachnutzungen der Flächen und somit die Einführung von Schichtsystemen ermöglichen. Die Zahl der persönlichen Kontaktpunkte wird sich dadurch nochmals reduzieren. Zusätzlich kann es dazu kommen, dass die „Schichten“ ein kommunikatives Eigenleben und damit ein Auseinanderdriften des inneren Markenkerns bewirken.

Aus diesem Grund ist ein gemeinsam erarbeitetes, lebendiges Leitbild wichtig. Nur mit einer von allen Mitarbeitern erarbeiteten, authentischen Vision, die über allem steht und die Richtung vorgibt, kann die Marke auch unter den Umständen der neuen Arbeitswelt gelebt werden.

Wie kann eine Marke in Zeiten der Digitalisierung von Mitarbeitern gelebt werden?

Der erste Schritt liegt sicherlich in der Realisierung des Problems. Nur wer die durch Mitarbeiter getragene Marke und die sich in diesem Zusammenhang geänderten Voraussetzungen erkennt, kann entsprechende Handlungsfelder eröffnen.

Danach müssen Ist-Analysen zeigen, wie sich das Kontaktverhalten durch neue Arbeitsformen verändert. Nach der Festlegung von Zielwerten könnte dann eine „nach innen“ orientierte Markengruppe, eventuell als Teil der Marketinggruppe, geeignete Maßnahmen entwickeln und implementieren. 

Sollten Sie Unterstützung bei der Analyse und der Entwicklung geeigneter Maßnahmen für Ihr Unternehmen und Ihre Marke benötigen, stehen wir Ihnen gerne mit unserer Erfahrung und Expertise zur Verfügung:




Prof. Dr. Anita Röhm