Die Krise als Chance für Veränderungen

In dieser, von der Pandemie geprägten Zeit gewinnt die Frage: „Was steuert unsere Blickrichtung?“ eine für die Zukunft entscheidende Bedeutung. Lassen wir uns fesseln im ausschließlichen Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart oder zeigen uns gerade diese Schwierigkeiten Chancen auf, Chancen, die bei konsequenter Veränderung Zukunft ermöglichen?

Unbestreitbar umschreibt der Begriff „Veränderung“ alles, was wir derzeit erleben: Lockdown, Homeoffice, virtuelle Geschäftsbesprechungen und Konferenzen, Reisebeschränkungen. Hinzu kommen Veränderungen in einer ganz anderen Dimension. Veränderungen, die uns schon vor der Pandemie herausforderten und auch nach der Pandemie bewältigt werden müssen.

Zuerst nenne ich da die instabilen Rahmenbedingungen – VUCA genannt:

1. Volatilität (auch Instabilität)

Mit den Stichworten: Strafzölle, Handelskriege, Embargos

Gegenmittel: Stärkung der Resilienz – der Widerstandsfähigkeit, der Flexibilität, der Risikominimierung, aber auch eine Vision, die fasziniert, Orientierung gibt und zu mutigem Handeln motiviert.

 

2. Ungewissheit (auch Unklarheit)

Löst immer Unsicherheiten aus und Unsicherheiten sind lähmend.

Gegenmittel: Understanding (Verständnis) mit den Stichworten:

  • Ursachenanalyse,
  • Erkenntnis der Zusammenhänge,
  • vor allem aber ein ausgeklügeltes Datenmanagement als hilfreiche Entscheidungsgrundlage.

 

3. K(C)omplexität (auch Vielschichtigkeit)

Die Welt unserer Geschäfte ist komplexer und vernetzter geworden. Das führt zu großen Auswirkungen von Einzelereignissen auf Gesamtentwicklungen, kurz: die Probleme sind vielschichtiger und die Entscheidungen schwieriger.

Gegenmittel: Klarheit

- Komplexitäten nicht reduzieren, sondern ihre Beherrschung lernen

- Szenarien mit den unterschiedlichen Lösungsalternativen entwickeln und bewerten

 

4. Ambiguität (auch Mehrdeutigkeit)

Die Widerstände in der Welt unserer Geschäfte nehmen zu (Beispiel im Materialeinkauf: Einerseits Preisvorteile in Billiglohnländern, andererseits unsichere Lieferwege und Versorgungsketten).

Wichtig ist hier Ursache und Wirkungszusammenhänge zu definieren.

Gegenmittel: Agilität

  • Anpassungsgeschwindigkeit steigern und Anpassungsfähigkeiten verbessern
  • Beweglichkeit (Flexibilität) ist in der Skala der Erfolgsfaktoren gestiegen
  • Für die Führung bedeutet das: Sie muss äußerst achtsam, aufmerksam und wachsam sein.
  • Wie schaffe ich eine Unternehmenskultur mit Siegermentalität?
  • Wie gewinne ich die Identität der Mitarbeiter mit den Zielen des Unternehmens und dem Willen in wirkungsstarken Teams Best-Practice-Lösungen zu erarbeiten?
  • Was sind die besten Entscheidungsmodelle, die zum einen die sorgfältige Abwägung aller Chancen und Risiken, zum anderen die schnelle und konsequente Umsetzung sichern?

Keine Veränderung ohne Analyse

Veränderung braucht eine Analyse

Jeder Entscheidung zu einer wesentlichen Veränderung sollte die Klärung dieser Grundsatzfragen vorausgehen:

  • Wer werden meine Kunden und Wettbewerber morgen und übermorgen sein?
  • Welche Erwartungen werden diese Kunden an mich haben und mit welchen Antworten ist bei unseren Wettbewerbern zu rechnen?
  • Mit welchen Leistungen werde ich es schaffen, meine Kunden positiv zu überraschen, besser: zu verblüffen?
  • Wie müssen die dazu notwendigen Geschäftsmodelle und -formen der Zusammenarbeit aussehen?
  • Mit welchen Kernkompetenzen, Methoden, Prozessen, Systemen und welchen datentechnischen Grundlagen werde ich die überlegene Wettbewerbsfähigkeit sichern?

 

Schließlich: People are the power!

Deshalb keine Kundenorientierung ohne vorrangige Mitarbeiterorientierung.

Konkret: Es gibt keine allgemeingültige Schablone, keine einheitliche To-do-Liste für erfolgreiche Veränderungen. Aber es gibt Basics mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit.

Nach der Formulierung dieses Beitrags lese ich im „Morning Briefing“ von Gabor Steingart die Darstellung einer ganzen Reihe namhafter Großunternehmen, die aktuell – trotz Pandemie – für das Jahr 2020 Rekord-Ergebnisse melden. (Er nennt Daimler, Nestlé, Walmart, Intel, Ericsson und Siemens.) Und es sind ja noch viel mehr. Dazu Steingart: „Heute bewährt sich, dass die Großunternehmen in den vergangenen Jahren in die Stoßfestigkeit – die Experten sprechen von Anti-Fragilität – ihrer Geschäftsmodelle investiert haben. Ein Digitalanteil im Vertrieb, ein starkes Asiengeschäft und eine Lieferkette, die alle Hochlohnländer, so gut es geht, meidet, haben diesen Geschäftserfolg möglich gemacht. Auch diese Konzerne werden von der Pandemie berührt – aber nicht niedergestreckt.“

Der Unterschied ist oft sehr schlicht benannt: Die einen warten, bis die Zeit sich wandelt, die anderen packen kräftig an und handeln.

Wir leben in der Zeit von Veränderungen, die sich in rasantem Tempo vollziehen: Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Datenspeicherung, Mobilität, Energieerzeugung und Nutzungseffizienz und andere Themen sind noch weit entfernt vom Ende ihrer Möglichkeiten.

Deshalb bleiben Veränderungen ein rollierender Prozess. Ein vorrangiges, dauerhaftes Thema. Dazu bedarf es einer Kultur der kontinuierlichen Erneuerung mit ständiger Fortschrittskontrolle und zeitnaher Nachjustierung.

Aus meiner persönlichen Erfahrung mit Veränderungen gebe ich gerne drei Softfacts weiter:

  1. Eine emotionale Dickhäutigkeit: Lassen wir uns nicht von jeder Nachricht unsere Pläne über den Haufen werfen oder auf die Bremse drücken!
  2. Einen kühlen Kopf: Behalten wir die Souveränität, nehmen wir die Chancen in den Blick und bleiben wir unbeirrbar auf Kurs.
  3. Die Lust auf Neues:
  • Neugierde ist gefragt
  • Erfindergeist ist gefragt
  • Freiräume für neues Denken, neues Wagen
  • Interdisziplinäre Teams kontra Hierarchiedenken
  • Der Mut zu Disruption (Abbruch und Neuanfang)
  • Schaffen wir Synergien zwischen der Neugierde der Jugend und dem Drang nach Mitgestaltung und Eigenverantwortung und dem Erfahrungsschatz Älterer 
  • Größere Flexibilität: Schnellboote statt schwerfälliger Navigation eines Dampfers

Was kann ich Ihnen zum Schluss mehr wünschen als mutige und gelingende Veränderungsaufbrüche!? Wenn dies nicht die Zeit dafür ist, wann dann?

Mit ermutigenden Grüßen

Norbert Müller



Norbert Müller